Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – § 86a StGB Gangway e. V. 28. März 2016 Anti-Gewalt- und Soziale-Kompetenz-Trainings Erläuterungen zum Gesetz Zum Verständnis – Der Gesetzestext: § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder 2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum verwechseln ähnlich sind. (3) § 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. Erläuterungen § 86a StGB verbietet die Verbreitung von Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1,2 und 4 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen. Allgemein gesprochen geht es um verfassungswidrige, verbotene Parteien und Vereinigungen. Zum größten Teil handelt es sich dabei um neonazistische Organisationen. Schutzzweck § 86a StGB schützt den demokratischen Rechtsstaat und den öfentlichen politischen Frieden durch die Bekämpfung bestimmter symbolträchtiger Kennzeichen. Kennzeichen Unter Kennzeichen versteht man verkörperte Symbole (z.B. Abzeichen), nichtkörperliche optische (z.B. Heben der Rechten Hand zum “Hitler-Gruß”) oder akustische (z.B. Gruß “Heil Hitler”) charakteristische Erkennungszeichen einer verbotenen Organisation. Auch erfasst sind Gegenstände, die solche Kennzeichen enthalten, z.B. Plakate, Kleidungsstücke, Schriften und elektronische Datenträger. Es kommt aber nicht darauf an, ob mit der Verwendung eines solchen Kennzeichens auch eine national-sozialistische Gesinnung zum Ausdruck kommen soll. Tathandlung Tathandlung ist nach Abs. 1 Nr. 1 das Verbreiten und öffentliches Verwenden , nach Abs. 1 Nr. 2 das Herstellen, das Vorrätighalten und das Ein- oder Ausführen solcher Kennzeichen. Verwenden ist der Gebrauch, der das Kennzeichen für eine nicht überschaubare Anzahl von Personen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht (insbesondere Tragen, Ausstellen, Vorführen usw.). Das Verwenden muss öffentlich oder in einer Versammlung geschehen. Verbreiten ist die mit körperlicher Weitergabe einer Schrift verbundenen Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, ihren Inhalt einem größeren, für den Täter nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis bekannt zu machen. Herstellen, Vorrätighalten, Einführen oder Ausführen solcher Zeichen sind dann als Vorbereitungshandlung zur späteren Verwendung strafbar, wenn sie gerade in der Absicht vorgenommen werden, die Kennzeichen im Inland oder Ausland zu verbreiten oder zu verwenden. Nicht strafbare Handlungen Nicht strafbar ist hingegen die Verwendung solcher Kennzeichen u.U. beim Briefmarkensammeln, antiquarischen Handel mit Büchern aus der NS-Zeit und wenn die Verwendung zur deutlichen Distanzierung von der NS-Ideologie erfolgt (durchgestrichenes Hakenkreuz) sowie zum lediglich privaten Gebrauch. Liste verbotener Parteien und Organisationen: Verbotene Parteien Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei – NSDAP (inklsuvie deren Gliederungen und Verbände; u.a. SS, SA, HJ, DAF, NSV) Sozialistische Reichspartei – SRP Zur Zeit läuft (wieder einmal) der Versuch, die NPD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen. Es bleibt abzuwarten, was bei dem Verbotsverfahren entschieden wird. 2 Antwort Susanne Schindler 30. August 2018 Hallo, wie sieht es aus, wenn man über whats App Videos /Fotos (die verfassungsfeindliche Symbole beinhalten) an alle Kontakte weiterleitet ? Mich nervt das ungemein und finde diese “Verharmlosung” in Form von “Witzen” extrem geschmacklos. Ist das auch strafbar ? MfG Susanne Antworten Tilmann Pritzens 3. September 2018 Hallo Frau Schindler. Unser Anwalt kann zu Ihrer Frage folgende Einschätzung abgeben: Das Weiterleiten verfassungsfeindlicher Symbole an alle Kontakte per Whatsapp-Nachricht kann ein Verbreiten von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellen. Entscheidend ist hierbei, ob der Täter das Symbol einem größeren, für ihn nicht mehr überschaubaren Personenkreis schickt, was – man ahnt es – im Einzelfall zu prüfen ist. Eine Weitergabe an einen Einzelnen reicht nur dann aus, wenn feststeht, dass diese Person das Symbol an Dritte weiterleitet. Leitet jemand ein solches Kennzeichen an seine gesamten Kontakte weiter, lässt sich meines Erachtens ein Anfangsverdacht wegen einer Tat nach § 86a Abs. 1 StGB gut begründen, wenn diese Kontaktliste so groß ist, dass er sie nicht mehr überblicken kann. Antworten Hinterlasse eine Antwort Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* Email* Webseite
Susanne Schindler 30. August 2018 Hallo, wie sieht es aus, wenn man über whats App Videos /Fotos (die verfassungsfeindliche Symbole beinhalten) an alle Kontakte weiterleitet ? Mich nervt das ungemein und finde diese “Verharmlosung” in Form von “Witzen” extrem geschmacklos. Ist das auch strafbar ? MfG Susanne Antworten
Tilmann Pritzens 3. September 2018 Hallo Frau Schindler. Unser Anwalt kann zu Ihrer Frage folgende Einschätzung abgeben: Das Weiterleiten verfassungsfeindlicher Symbole an alle Kontakte per Whatsapp-Nachricht kann ein Verbreiten von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 StGB darstellen. Entscheidend ist hierbei, ob der Täter das Symbol einem größeren, für ihn nicht mehr überschaubaren Personenkreis schickt, was – man ahnt es – im Einzelfall zu prüfen ist. Eine Weitergabe an einen Einzelnen reicht nur dann aus, wenn feststeht, dass diese Person das Symbol an Dritte weiterleitet. Leitet jemand ein solches Kennzeichen an seine gesamten Kontakte weiter, lässt sich meines Erachtens ein Anfangsverdacht wegen einer Tat nach § 86a Abs. 1 StGB gut begründen, wenn diese Kontaktliste so groß ist, dass er sie nicht mehr überblicken kann. Antworten