Safer Use in Zeiten von Covid-19 Ron-Alexander Niendorf 23. Januar 2021 Das Safer Use Projekt Gundula am Alexanderplatz Zu Beginn der Covid-19-Pandemie mussten auch wir uns im Streetwork neue Ideen und Möglichkeiten einfallen lassen. Kontaktbeschränkungen, Social-Distancing und viele weitere Begriffe wurden nun immer mehr zu unserem Alltag.Auch unsere Arbeitsweise musste an die Infektionsschutzmaßnahmen angepasst werden. Keiner soll einem Risiko ausgesetzt werden und dennoch wollten wir zu Beginn es ersten Lockdowns die sofortigen Hilfen bereitstellen.Wir beobachteten ein großes Engagement von der zivilen Bevölkerung und von unseren Teams, sowie auch von Trägern und Organisationen, die sich in den schwersten Stunden der Pandemie auf den Platz gestellt haben. Einfach nur um für Menschen da sein zu können, die es am meisten gebraucht haben.Es entstanden Gabenzäune und weiter Essensausgaben für bedürftige Personen, die keinerlei Möglichkeiten oder Ressourcen für Lebensmittel oder Hygieneartikel hatten. Wir aus dem Jugendteam Mitte-City beobachteten dennoch wie unsere jüngeren Adressat*innen diese Möglichkeiten nicht nutzten.Die persönliche Situation wurde entweder nicht so eingeschätzt, dass man sich dort Hilfen oder Lebensmittel holen möchte oder es gab durch andere Träger schon eine Möglichkeit an solche Ressourcen und Hilfen zu kommen. Hierbei entwickelte sich aus unserer Sicht eine deutliche Abspaltung von jüngeren Adressat*innen, die sehr gut informiert waren und sich selbstbestimmt darum kümmern konnten. Dennoch gab es auch weiterhin Jugendliche, die durch persönliche Gründe den Weg auf die Straße genommen haben und nicht ausreichend informiert waren. Das Schamgefühl der jungen Adressat*innen wurde für uns im Team immer mehr präsent. Vorbereitung der Safer Use Materialien Wie erreichen wir unsere jungen Adressat*innen, ohne körperlichen Kontakt herzustellen? Eine Zwickmühle entwickelte sich bei dem Brainstorming über eine kontaktlose Möglichkeit für die Versorgung der jüngeren Adressat*innen.Die Gabenzäune werden am Alexanderplatz regelmäßig von älteren Adressat*innen genutzt. Die jüngeren Adressat*innen bräuchten dementsprechend eine kleinere und vielleicht auch eine persönlichere Variante des Gabenzaunes. Bloß wie soll diese Variante aussehen und wo soll das dann installiert werden?Wir sahen auf unseren Rundgängen immer wieder vermehrt Personen, die sich an den Inhalten der dortigen Müllbehälter zu schaffen machten. Ein trauriger und menschenunwürdiger Zustand, der in der Zeit der Pandemie immer präsenter wurde.Relativ zeitnah kam der inspirierende Funke für die spätere Gundula!– In allem Schlechten steckt etwas Gutes –Eine Mülltonne, die wir vom Hausmeister des Fernsehturmes gespendet bekommen haben, wurde somit zum geheimen Ablageort umgestaltet und direkt an die jüngeren Adressat*innen kommuniziert. Verschlossen mit einem Pin ging es los! Der Inhalt der Gundula varrierte von 20- 25 Beutel pro Woche! Die Inhalte wurden mit den jüngeren Adressat*innen besprochen. Wir beschäftigten uns mit dem Thema akzeptierende Suchtarbeit in Form von präventiven Ansätzen und Aufklärung. Der Umgang mit Substanzen und Alkohol ist für jüngere Adressat*innen ein Thema und dieses wollten wir mit aufgreifen.Zusammen mit dem Jugendaktionsraum Alexanderplatz haben wir wöchentliche Befüllungen umgesetzt.Der Jugendaktionsraum kümmerte sich um Verpflegung und Hygieneartikel und wir kümmerten uns um Safer Use Materialien und Infomaterialien, sowie auch das Angebot für Beratungsgespräche und mögliche Vermittlungen und Begleitungen. Alles natürlich freiwillig und anonym!Die Gundula fand großen Zuspruch und so wurde sie auch schnell ein regelmäßiger Bestandteil unseres Arbeitsalltages. Gundula am Alex Da eine normale Tonne doch etwas langweilig aussieht, haben wir einige Sprühdosen und Schablonen zusammen mit dem Jugendaktionsraum in die Runde gegeben. Einige Minuten später war die Tonne schön bunt und mit Sprüchen verziehrt worden. Der Sommer neigt sich dem Ende zu und die nächste Lockdownphase erwischt uns alle sehr hart. Unsere jüngeren Adressat*innen wirken durch die Geschehnisse auf der Welt weiterhin sehr aufgewühlt. Einige kommen damit ganz gut zurecht, wiederum kommen andere Adressat*innen nicht so ganz damit zurecht und finden immer wieder den Weg zum Alex und das in den Abendstunden. Nachdem es am Alexanderplatz sehr viele Demos und Kundgebungen gab und wir uns nicht mehr sicher waren wie lange die Gundula an ihren Ort bleiben kann, sind wir im Gespräch mit der Marienkirche zu einem Umzug der Tonne gekommen. Wir durften die Gundula auf dem Kirchengelände abstellen und dieser Ort ist nicht weit von einem Hotspot der Jugendlichen und jungen Heranwachsenden. An dieser Stelle wollen wir uns bei der unkomplizierten Kooperation mit der Marienkirche ganz herzlich bedanken. Ein Gespräch hat an dieser Stelle gereicht, um zu zeigen, wie wichtig solch eine Variante für kontaktlose Versorgung der Adressat*innen in Zeiten der Covid-19-Pandemie ist. Insgesamt konnten wir ca. 600 Beutel an die jüngeren Adressat*innen verteilen. Diese Zahl klingt erstmal sehr groß, dennoch waren es im Kern knapp 20-30 Adressat*innen, die den Zugang zur Gundula hatten. Und das alleine am Alexanderplatz… Uns ist es vielleicht etwas mehr bewusster geworden wie viele Jugendliche und junge Heranwachsende eigentliche bestimmte Hilfen und Ressourcen benötigen, die sie selber nicht mehr organisiert bekommen. Wo das Schamgefühl zu groß geworden ist und man sich dadurch als bedürftig offenbart. Verstecke Obdachlosigkeit, der Wachstum an wohnungslosen Menschen und deren prekären Lebenssituationen sind immer wieder sichtbar. Viele Themen werden dann zur Realität. Bleibt stark und solidarisch! Wenn Ihr Hilfe benötigt, dann könnt Ihr gerne die jeweiligen Teams in eurer Nähe kontaktieren. Ihr seid nicht sicher, wer der richtige Ansprechpartner sein könnte??? Dann meldet euch gerne bei unserer Hotline: 0176 552 493 74 Euer Team Mitte-City!