30 Jahre Gangway – Orte, die uns wichtig sind I Volume 09

Als ich im Juli 2005 bei Gangway im Team Lichtenberg anfangen habe, habe ich hier die Arbeit mit Jugendgruppen kennengelernt. Der Rosenfelder Ring war damals von einem starken Rückgang der Einwohner*innenzahlen gekennzeichnet. Die Zahl der Grundschulkinder ging von 15315 im Jahr 1999 auf 8830 im Jahr 2003 zurück. Dementsprechend wurde wie in vielen anderen Regionen Berlins die dortige Rosenfelder Grundschule geschlossen, ebenso die dazugehörige Sporthalle, die nur für den Vereinssport, also angemeldeten Sportgruppen noch offen blieb.

Für die in dem Gebiet lebenden Jugendlichen gab es keine Angebote der Jugend-Hilfe, kein Jugendclub oder ähnliches, sodass das Streetwork-Team erst mit einem – auf einem Parkplatz abgestellten – Campingwagen ein regelmäßiges Angebot dort geschaffen hat. Denn der Bedarf nach sozialarbeiterischer Unterstützung und alternativer Freizeitgestaltung, auch in Form einer Hallenzeit und Sport, war hoch, machten doch die ersten Jugendlichen ihre Erfahrungen mit harten Drogen und glitten in die Kriminalität ab und fanden sich im Gefängnis wieder.

Als es dann Anfang 2005 hieß, die Turnhalle würde bald komplett geschlossen und zusammen mit dem Schulgebäude abgerissen, wurde sie kurzerhand von der Jugendgruppe und dem Streetworkteam „besetzt“. Eine Zwischennutzung wurde in Absprache mit dem Jugendamt und in Kooperation mit dem dort ansässigen Soziokulturellem Zentrum bis zum endgültigen Abriss Ende 2007 ermöglicht und das Nutzungskonzept füllten die Jugendlichen nicht nur mit dem Wusch, die Halle für sich als Treffpunkt für Austausch, Sport und Freizeit nutzen zu können, sondern auch mit dem Engagement, die Halle mit Veranstaltungen für alle Anwohnenden des Rosenfelder Ringes zu füllen.

Nach dem Abriss wurde das freie Gelände parkähnlich angelegt und für alle Generationen als geschützte Grünanlage nutzbar gemacht. So gibt es nun einen Spielplatz, viele Sitzbänke und unterschiedliche Blumen, Wildrosen und Bäume. Aus dem Bolzplatz mit Schotter ist ein klei-ner Fußballplatz mit Tartanuntergrund und gummierten Netzbegrenzungen geworden. Es gibt einen Fitnessparcours, Tischtennisplatten und eine Mädchenecke.

Inzwischen sind die Zahlen der Einwohnenden und damit auch die der Grundschülerinnen in Lichtenberg seit 2007 stetig und enorm gestiegen, passend dazu leider auch die Zahlen der fehlenden Kita- und Schulplätze. Der Bezirk hat nicht nur durch den Abriss von Schulgebäu-den nicht mehr zu revidierende Tatsachen geschaffen, sondern auch nicht rechtzeitig darauf geachtet, dass bei dem Neubau von Wohnraum jeglicher Art auch die benötigte Infrastruktur für Kinder und Jugendliche mit bedacht wird. Dort wo damals im Rosenfelder Ring die Schu-le stand, stehen heute Einfamilienhäuser. Und trotzdem ist aktuell im Gespräch, im Rosenfel-der Ring wieder ein Schulgebäude zu bauen. Nur wo hin?

Es gibt noch zwei Grünflächen, auf der einen ist der Baumbestand noch etwas jünger als auf der anderen und somit anscheinend abholzbar, vielleicht also dort. Und es gibt doch tatsächlich Bewohner*innen, die damals so-gar noch die Turnhalle mit ihrer Sportgruppe nutzten und nun sagen „Aber bitte nicht vor meinen Balkon, dann kann ich ja nicht mehr raus gucken.“

Das wird noch ein spannender Prozess werden.

 

 

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